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In diesem Jahr haben mir viele Patienten erzählt, dass sie Weihnachten irgendwie allein verbringen werden. Meist wurde es als belastend empfunden. Bei mir hat das eine Erinnerung hochgeholt.

Als ich 15 war, las uns unser geliebter Klassenlehrer das Gedicht von Theodor Storm „Für meine Söhne“ vor.
Es endet mit der Strophe:
WENN DER PÖBEL ALLER SORTE TANZET UM DIE GOLDENEN KÄLBER,
HALTE FEST, DU HAST VOM LEBEN, DOCH AM ENDE NUR DICH SELBER.
Und dann weinte er, mein Lehrer, dieser sympathische Mensch. Und wir Schüler waren hilflos und gewiss die letzten, die ihn trösten konnten.

Bald danach erkannte ich, dass er wohl etwas nicht verstanden hatte. Das Bleibende sind nicht die Goldenen Kälber, sondern jeder für sich selbst. Und Alleinsein bedeutet auch „für sich“ Sein. Also Gedanken für sich, Zeit für sich, Träume für sich.

Nicht umsonst sind die großen Denker in die Einsamkeit gegangen, um sich selbst und ihre eigene Wahrheit zu finden.
Vom Schicksal geschickte Chancen, ungewollt allein zu sein, können sich zu Ereignissen gestalten, die uns eine neue Wahrheit verdeutlichen.

Jedenfalls waren solche Momente des Allein- oder für sich Seins in meinem Leben Marksteine für die Zukunft. Ich wusste nun wirklich, was ich wollte. Weihnachten allein bei einem zu betreuenden, schwerkranken Patienten als Medizinstudent in der Klinik – das wirkt bis heute nach in der Konfrontation mit der einen Wirklichkeit und Wahrheit.

Auch die Menschheit erlebt immer wieder solche – als Menschheit einsame und auf sich zurückgeworfene – Sternstunden. So kam es in den 80ern zu einer Bewegung, New Age, die in einem vielleicht zu esoterischen Boden versandete. Dabei zeigte sie mit Physikern wie Fritjof Capra („Das Tao der Physik“) durchaus wissenschaftliche Wurzeln. Seine Hinweise ließen jeden aufhorchen, dass Welt nicht aus Gegnern, sondern aus Beziehungen besteht. Aus diesem einen Beziehungsgeflecht (Tao) entstehen auch Gegner und Feindschaften, die nur durch ihre Herkunft aus dem Beziehungsgeflecht zu verstehen und lösen sind. Im Moment erleben wir die sonst entstehende Hilflosigkeit hautnah. Nur über die Frage nach der Zielrichtung, also aus welcher Intention etwas geschieht – und das ist eine Beziehung, lässt sich heilen, das wusste schon C. G. Jung. Nach all den Jahrzehnten werden wir das Wissen und dessen Folgen wieder aktualisieren müssen. Bücher von Erich Fromm oder Carl Friedrich von Weizsäcker oder auch Hermann Hesse sind etwas für solche einsam wahre Stunden.

Dann ist das Weihnachten für sich und allein eine Chance für unsere Kultur, das Eigentliche, was wir wirklich wollen, wieder zu erkennen.

Frohe Weihnachten!
Walter Köster